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Craniosacral  Therapie  /  Wirkungsweise und Geschichte

CRANIOSACRAL - THERAPIE    

Wirkungsweise und Geschichte

Wirkungsweise

Der Ausgangspunkt ist das Craniosacrale System mit der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit, dem so genannten Liquor cerebrospinalis. Diese 100-160 ml Flüssigkeit werden kontinuierlich 3 - 5 mal am Tag resorbiert und neu gebildet. Der Liquor umspült Zeit unseres Lebens in einem langsamen Rhythmus wie Ebbe und Flut Gehirn und Rückenmark. Von dort aus fließt er in die Ummantelung der Spinalnerven und weiter in die Peripherie des Körpers, wo er sich schlussendlich mit dem Lymphsystem verbindet. Der rhythmische Impuls des Liquors ist am ganzen Körper spürbar. Ein freies Fließen dieser Flüssigkeit ermöglicht es dem Nervensystem, dem Bindegewebe, allen Muskeln, Organen und Knochen, und überhaupt jeder Zelle, optimal miteinander zu kommunizieren und so als einheitlicher Organismus zu funktionieren.

"Der Körper ist ein Teamplayer. Nichts funktioniert gesondert, alles kommuniziert."

E. K.

Eines der wichtigsten Wirkprinzipien der Craniosacral Therapie ist, dass nicht der Therapeut (und auch nicht der Patient) wissen muss und daher darüber bestimmt, welcher Körperteil oder welche Körperebene behandelt werden soll, sondern das Körpersystem selbst. Das macht sehr viel Sinn, habe ich doch schon so oft erlebt, dass der Körper viel besser darüber Bescheid wusste, was die Ursache seiner aktuellen Beschwerde ist, als ich es jemals gekonnt hätte. Und auch dem Patienten fallen in der Anamnese selten sämtliche Ereignisse ein, die ihm je passiert sind. Damit ich nun weiß, wo und wie der Körper gerne behandelt werden möchte, müssen meine Hände während der ganzen Sitzung gute Ohren haben. Ein etwas gewöhnungsbedürftiges Konzept, ich weiß, aber ich gebe Ihnen weiter unten ein kleines Beispiel dazu. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass der Fokus immer auf die Gesundheit und die Ressourcen gerichtet ist. D.h. der Therapeut schaut immer zuerst wo ist es gut, wo ist es stark und gesund, und mit dieser Gesundheit begegnet er der Beschwerde, nicht umgekehrt. Eine Krankheit oder Beschwerde wird nicht als Feind begriffen, der bekämpft werden muss, sondern als einen Teil der Körpers, der gerade nicht im Gleichgewicht ist. Dieser Ansatz bietet den Vorteil der "diplomatischen Verhandlung" mit dem System, da alle Aspekte des Patienten miteinbezogen werden, um Heilung zu erreichen.

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Struktur und Funktion beeinflussen sich gegenseitig. oder anders ausgedrückt: Da alle Teile des Körpers über das Bindegewebe miteinander verbunden sind, können unbehandelte Veränderungen in einzelnen Bereichen mit der Zeit weitreichende Folgen auf den gesamten Körper haben. In einer CS - Sitzung behandelt man daher nicht in erster Linie das Symptom, sondern die ursprüngliche Ursache, die sich meistens bereits nach kurzer Zeit zeigt. So kann es sein, dass jemand z.B. mit Kieferschmerzen in die Praxis kommt, für die der Zahnarzt oder Kieferorthopäde keinen medizinischen Grund findet. Während der Therapie stellt sich dann heraus, dass dies nur das Ende eines Domino-Effektes ist, welches seinen Ursprung bei einem Jahre zurückliegenden schlimmen Sturz auf die Knie hat. Es kann dabei gut sein, dass das Knie überhaupt keine Probleme mehr macht. Trotzdem befindet sich die Aufprallenergie des Sturzes noch immer in gebundener Form im Gewebe.

Dass jetzt nicht mehr das Knie schmerzt, sondern der Kiefer, lässt sich durch den gleichen physikalischen Effekt erklären, der auch bei einem sogenannten Kugelstosspendel zum Tragen kommt. Er bewirkt, dass nur die letzte Kugel wegspickt, wenn man die erste Kugel aktiviert. Alle anderen Kugeln dazwischen bleiben nahezu unbewegt. In unserem Beispiel ist die erste Kugel das Knie, die letzte Kugel der Kiefer und die Kugeln dazwischen sind das Bindegewebe. Behandelt man nun zuerst das Knie, ist auch die Behandlung der Kiefers sehr viel nachhaltiger, da die echte Ursache zuerst behoben wurde.

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In der CS - Therapie arbeitet man mit sehr sanften Zug-, Druck- und Lösetechniken, die jedoch im Endeffekt mehr einer Einladung ans Gewebe gleichen, die vom Körper angenommen werden kann, aber nicht muss. Während der Behandlung können Bilder, Erinnerungen, Emotionen und Körperempfindungen auftauchen, die unter Umständen auf den ersten Blick nichts mit der Beschwerde zu tun haben. Diesen Prozessen biete ich als Therapeutin mit meinem Gewahrsein einen geschützten Raum, so dass eine Lösung und Integration auch schwieriger Themen möglich wird. Und dies bewirkt schlussendlich Veränderung - auf mehr als nur einer Ebene.

Was Craniosacral Therapie nicht ist

Ich werde oft von meinen Patienten gefragt, ob ich denn während der Behandlung Energie in ihren Körper fließen lasse und ob ich nach ein paar Behandlungen nicht müde sei, weil ich doch so viel von mir selber hinein gebe. Ich möchte hier an dieser Stelle ganz klar unterscheiden, die Craniosacral Therapie ist eine Körperarbeit, keine Energiearbeit. Natürlich fließt Energie während der Behandlung. Energie fließt überall, wo eine Berührung stattfindet, sogar beim Coiffeur. Aber es ist kein Reiki-ähnlicher Vorgang. Mein Fokus liegt beim Zuhören und beim Raum geben, alles weitere ergibt sich von selbst, wenn's fließen will, dann fließt es . Die Craniosacral Therapie ist eine ausgefeilte, anatomisch-wissenschaftlich begründete Körperarbeit, verbunden mit dem therapeutischen Begleiten innerer Prozesse.

Mir ist jedoch bewusst, dass diese Wirkungsweise, dieses Behandlungskonzept, für die meisten von uns, die schulmedizinisch geprägt aufgewachsen sind, schwierig nachzuvollziehen ist und dadurch manchmal automatisch mit Geistheilen gleichgesetzt wird. Es gibt jedoch nebst Schulmedizin und Energiearbeit noch ganz viele andere Konzepte zur Heilung, sozusagen andere Sprachen, und die Craniosacral Therapie ist nur eine davon.

Geschichte

Die Craniosacral Therapie hat ihre ursprünglichen Wurzeln in der Osteopathie, welche von Dr. Andrew Taylor Still im Jahre 1874 begründet wurde. Dr. Still gelangte durch seine Beobachtungen zur Erkenntnis, dass die Cerebrospinalflüssigkeit das wichtigste aller bekannten Elemente des menschlichen Körpers ist. Diese Flüssigkeit wird auch Liquor genannt und umgibt Gehirn, Rückenmark und Nervenbahnen. Es schützt diese unter anderem vor Stoß und Druck von außen, versorgt das Nervengewebe mit Nährstoffen und transportiert Abfallstoffe ab.

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Um 1900 nahm Dr. William Garner Sutherland, ein Schüler von Dr. Still, als Erster rhythmische Bewegungen der Schädelknochen wahr. Diese von der Lungenatmung und vom Herzkreislaufsystem unabhängigen Bewegungen nannte er den "Primären Respiratorischen Mechanismus" (PRM), das, was wir heute das Craniosacrale System nennen. Primär darum, weil das Craniosacrale System das erste rhythmisch pulsierende System ist, welches beim Embryo aufgeschaltet wird, noch vor dem Blutkreislauf, und das letzte, welches nach unserem Tod still wird.

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Er fing an zu forschen und entdeckte schon bald, dass die Schädelknochen nicht wie die Lehrmeinung besagte, ab einem bestimmten Alter fest verknöchert sind, sondern im Gegenteil alles darauf hindeutet, dass eine bestimmte Bewegung zwischen den Knochen stattfindet, die wie filigrane Zahnräder an den Kanten ineinander greifen. Er führte auch Experimente an sich selber durch. Hierzu fertigte er zum Beispiel eine Art Helm an, mit dessen Mechanismus er gezielt Druck auf verschieden einzelne Schädelknochen ausüben konnte, die dadurch in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt wurden. So konnte er reproduzierbare neurologische Veränderungen wie Depressionen, Halluzinationen, Manien, Seh- und Gleichgewichtsstörungen etc. hervorrufen. Dies deutete er als einen Hinweis darauf, dass solche und auch andere Symptome oft aufgrund unbeweglicher Schädelknochen oder deren Fehlstellung entstehen.

Dr. William G. Sutherland entwickelte daraufhin die Craniale Osteopathie, in der er mit ganz sanften Berührungen der Hände komprimierten Schädelnähten wieder zu größerer Beweglichkeit verhalf. Damit erzielte er viele erstaunliche Therapieerfolge und konnte Beschwerden heilen, die seine Berufskollegen oft vergeblich zu behandeln versucht hatten.

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Der heute gebräuchliche Begriff "Craniosacral Therapie" wurde von dem amerikanischen Forscher, Chirurgen und Osteopathen Dr. John E. Upledger erstmals Ende der 1970er-Jahre verwendet. Er war auch maßgeblich daran beteiligt, dass diese Arbeit einem größeren Publikum bekannt wurde und sich daraufhin immer weiter verbreitete.

Die Craniosacral Therapie hat sich im Laufe der Zeit zu einer eigenständigen Therapieform entwickelt. Als ich 2002 mit der Ausbildung anfing, unterschied man noch zwischen mechanischer und biodynamischer Craniosacral Therapie, wobei der mechanische Ansatz eher noch strukturmanipulierende Elemente enthielt. In der heutigen Zeit ist die Craniosacral Therapie einheitlicher in der Biodynamik beheimatet. Der mechanische Ansatz wurde dorthin zurückgeführt, wo er eigentlich hingehört, in die Hände von Osteopathinnen und Osteopathen.

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